freitagsgedanken - zur qual der wahl

freitag_stefan

Liebe Velberterinnen, liebe Velberter!

Der erste und grösste Teil der Kommunalwahlen in Velbert ist gelaufen: Stadtrat, Kreistag und Landrätin sind gewählt. Der politisch engagierte und interessierte Teil der Bürgerschaft befasst sich schon längst mit der Stichwahl um das Bürgermeisteramt am 28. September. Der etwas weniger engagierte Teil ist schon längst wieder zur Tagesordnung übergegangen (und geht hoffentlich am 28.9. nochmal wählen) und rund die Hälfte aller Mitbürger interessieren die Wahlen sowieso nicht (die Wahlbeteiligung lag bei rund 54%).

Dennoch möchte ich heute noch mal auf den vergangenen Wahlsonntag zurückblicken. Schliesslich ist mit dem Stadtrat das wichtigste Gremium der Stadt gewählt worden. Denn auch ein künftiger Bürgermeister (oder eine künftige Bürgermeisterin) kann ohne die Zustimmung des Rates nichts Wesentliches bewegen. 

Zunächst gilt meine aufrichtige Gratulation den beiden einzigen Parteien, die am Sonntagabend wirklich Grund zum Feiern hatten: der CDU und der AfD. 

Die CDU hat (für mich völlig überraschend) ihr Ergebnis von vor 5 Jahren gehalten. Auch wenn dies schon das historisch schlechteste Ergebnis in der Geschichte der CDU Velbert war, ist ein Ergebnis von knapp über 30 % angesichts der Gesamtumstände mehr als respektabel. Ehre, wem Ehre gebührt: die CDU hat einen sehr professionellen und sehr engagierten Wahlkampf geführt und war diesbezüglich allen Wettbewerbern Längen voraus. Die Tatsache, dass sie wahrscheinlich auch sehr viel mehr personelle und finanzielle Ressourcen einsetzen konnte, schmälert dieses Lob nicht. Natürlich hat die CDU auch wie keine andere Partei von der von den Medien entfachten Angst vor der AfD profitiert - dafür musste sie aber auch den Gegenwind durch die schwache Regierungsarbeit in Berlin verkraften. Nun denn, in Velbert bleibt also alles beim Alten. Die CDU hat, wie fast immer in den letzten 50 Jahren, die politische Gestaltungsmacht und damit auch die Verantwortung für das, was in Velbert passiert (oder nicht passiert). Zwar wird man Koalitionspartner benötigen, um eine sichere Mehrheit im Stadtrat zu haben, aber dies wird kein Problem sein. Dem Vernehmen nach stehen selbige schon Schlange vor dem CDU-Parteibüro und bitten um Einlass. Gerüchten zufolge soll die Schlange auffallend viele grüne und rote Farben tragen.... .

Egal in welcher Konstellation: ich wünsche der CDU-geführten Ratsmehrheit jedenfalls viel Erfolg, denn davon würden wir ja alle profitieren. Man darf gespannt sein, mit welchen Projekten und Programmen man Velbert wieder auf die Beine bekommen möchte. 

Einen engagierten und professionellen Wahlkampf hat der zweite Wahlsieger - die AfD - nicht unbedingt geführt. Musste sie auch nicht. Sie profitierte von einem überragenden Trend, der alles überstrahlt hat. Inhalte und Personen spielten da keine große Rolle. So waren bzw. sind die Kandidaten der AfD in den meisten Wahlbezirken völlig unbekannt - trotzdem haben sie Traumergebnisse von teilweise über 20 % eingefahren und bekannte Gesichter aus allen Parteien hinter sich gelassen. Insgesamt wurden es fast 18 % - das ist ein stolzes Ergebnis, zu dem ich ebenfalls in demokratischer Tradition gratuliere. Das Ergebnis bedeutet jetzt natürlich auch Verantwortung und ich bin gespannt auf die Iniativen, Vorschläge und Strategien der AfD. Ich hoffe jedenfalls inständig, dass man jetzt nicht seitens der anderen Parteien die AfD mit Geschäftsordnungstricks von der Verantwortung fernhält - wie zum Beispiel im Bundestag. Das wäre nicht nur undemokratisch, es wäre auch töricht: der Opfermythos macht diese Partei immer noch stärker. Lasst uns doch mal sehen, was sie draufhaben, wenn sie Verantwortung übernehmen - als Ausschussvorsitzende, als stellvertretende Bürgermeister oder als was auch immer. Erst dann können wir uns ein Urteil erlauben über die Menschen, die in einer demokratischen Wahl von den Velbertern gewählt wurden.

Bei allen anderen Partein und Wählergemeinschaften war es dann am Sonntagabend doch eher die "Qual der Wahl" - bei den einen mehr, bei den anderen weniger.

Die SPD holt mit 15,3 % (!) das schlechteste Ergebnis aller Zeiten in Velbert. Nur mal zur Erinnerung: bei der ersten Wahl nach der kommunalen Neugliederung im Jahr 1975 waren es noch 48 %. Übrigens fast 4 % mehr als die CDU, die damals kein geringerer als Heinz Schemken anführte. 

Die Grünen verlieren zwar über 6 % gegenüber der letzten Wahl, haben aber mit 14,4 % in meinen Augen ein überraschend gutes Ergebnis erzielt und zudem noch ihre Kandidatin für das Bürgermeisteramt in die Stichwahl bekommen. Ich weiß nicht, wie die Grünen ihr Ergebnis bewerten, aber für mich war es eines der Überraschungen des Abends - ich hatte mit deutlich höheren Verlusten gerechnet (und da war nicht nur der Wunsch der Vater des Gedankens....).

Nun ja, beide, SPD und Grüne oder mindestens einer der beiden wird nun der Junior-Partner der CDU werden. Deshalb gilt auch hier mein Wunsch, diese Verantwortung anzunehmen und vor allem sorgfältig mit der eigenen Macht umzugehen. Vielleicht auch, zum Wohle der Stadt, bisherige Positionen zu überdenken, zum Beispiel zum Gewerbegebiet Grosses Feld. 

FDP und Linke übergehe ich bei meinem kurzen Rückblick unhöflicher Weise - beide werden mit Ergebnissen von 3,2 % und 4,2 % wie bisher keine große Rolle im Rat spielen.

Bleiben die unabhängigen Bürgerbündnisse: zusammengerechnet haben die drei Wählergemeinschaften rund 14 % der Stimmen geholt. Das wäre an sich ein sehr gutes Ergebnis und immerhin die Liga von SPD und Grünen. Ein Ergebnis, das zeigt, wie viel Potential die Idee unabhängiger lokaler Bürgerbündnisse auch in Velbert hat. Da man sich dieses Potential aber zu dritt teilen musste, war keiner richtig zufrieden. Die UVB schnitt mit 7 % und leichten Verlusten gegenüber der letzten Wahl noch am besten ab - sicherlich auch einem sehr engagierten, fleissigen und präsenten Bürgermeisterkandidaten zu verdanken. Die beiden anderen, "Velbert anders" und "Velbert gemeinsam" hingegen landeten völlig enttäuschend und enttäuscht auf FDP- bzw. Linke-Niveau mit jeweils unter 4 %.

Vielleicht gibt dieses Ergebnis Anlass, einmal über die Bündelung von Kräften nachzudenken. Denn die Idee unabhängiger lokaler Wählerbündnisse hat nicht nur Potential, sondern auch Zukunft. Im Süden des Kreises Mettmann, in Langenfeld, ist die dortige (einzige) Wählergemeinschaft gerade zur stärksten Kraft im Rat geworden - mit über 30 %. Ob das ein Vorbild für Velbert sein könnte?

Zum Schluss noch ein paar persönliche Worte. Danke an alle, die die Wählergemeinschaft Velbert anders oder auch mich persönlich gewählt haben. Ich habe in meinen Wahlbezirken zwar kreisweit für die UWG-ME das zweitbeste Ergebnis und stadtweit für VELBERT ANDERS das beste Einzelergebnis erzielt. Trotzdem liegt dieses Ergebnis mit 8,3 % meilenweit unter meinen eigenen Erwartungen. Stadtweit gilt das erst recht: das Ergebnis ist das Schlechteste in der rund 30jährigen Geschichte von VELBERT ANDERS. Ja, ich bin trotzdem (über die Reserveliste und dank Überhangmandaten) in den Rat gewählt worden. Ehrlich gesagt weiß ich aber noch nicht, ob ich das Ratsmandat auch annehmen werde. Auf der einen Seite möchte ich diejenigen, die mich gewählt haben, nicht enttäuschen. Auf der anderen Seite war es eben kein Votum, dass einem unbedingt die Motivation für ein zeitraubendes Ehrenamt gibt. Ich werde mir für diese Entscheidung ein paar Tage Zeit lassen und es dann alle, die es interessiert, wissen lassen.

Ein interessierter und kritischer Beobachter des Stadtgeschehens in meiner Heimat bleibe ich natürlich in jedem Fall. Aber erstmal fahren die "freitagsgedanken" mit dem dazugehörigen Kopf in den Urlaub. Danach melde ich mich gerne wieder von dieser Stelle.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute - und vergessen Sie bitte nicht, am 28. September bei der Stichwahl um das Bürgermeisteramt ihre Stimme abzugeben!

 

Bis bald, Ihr

Stefan Freitag 



© www.velbert-anders.de   Donnerstag, 18. September 2025 19:00 Freitag

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