
Zehn Jahre „Große Koalition“ mit Bürgermeister Stefan Freitag an der Spitze - eine Bilanz in Sachen Finanzen und Stadtentwicklung
Nun dauert es nicht mehr lange, bis uns der aus dem Amt scheidende Bürgermeister einen Tätigkeitsbericht vorlegen und darin vermutlich die mit Hilfe von CDU und SPD durchgesetzten Wohltaten seiner Amtszeit preisen wird. Allzu viel dürfte es nicht sein, was da an Positivem zusammenkommt. Auf zwei besonders wichtigen Gebieten, Finanzen und Stadtentwicklung, waren die letzten Jahre eher verlorene Jahre, hinterlässt das Stadtoberhaupt in weiten Teilen einen Scherbenhaufen.
Die Verschuldung ist seit Freitags Amtsantritt mit Hilfe von CDU und SPD weiter gestiegen. Fairerweise muss erwähnt werden, dass es unter Mitwirkung der Grünen und der Linken noch schlimmer gekommen wäre. Schon länger belegt Velbert einen der Spitzenplätze in der NRW-Liga. Nicht vom Fußball ist hier die Rede, sondern der aussagekräftigen Vergleichszahl „Verschuldung pro Kopf“. Da spielt Velbert mit einem Wert von über 5.000 Euro (entspricht 416.995.000 Euro) in der Liga der ganz Großen wie Essen, Wuppertal, Duisburg, Hagen mit. Alles Städte, die es aus eigener Kraft niemals mehr schaffen werden, aus der finanziellen Misere herauszu-kommen.
In Sachen Stadtentwicklung sieht es nicht minder schlimm aus. „Wie schön Velbert geworden ist!“ feiert sich die CDU in diesen Tagen selber. Da scheint jeglicher Realitätssinn verloren gegangen zu sein. Die Ortskerne von Langenberg und Neviges haben ihre besten Jahre schon lange hinter sich. Und Velbert-Mitte scheint jetzt bei der Verödung des Stadtkerns beschleunigt nachzuziehen. Das Marktzentrum ist gescheitert. Was maßgeblich dem tief greifenden Wandel zuzuschreiben ist, den der Einzelhandel seit Beginn der Planungen durchläuft. Jährlich wächst der Online-Handel um zweistellige Zuwachsraten – mit dramatischen Konsequenzen für den Einzelhandel und unsere Innenstädte. Die stark zunehmenden Leerstände entlang der ganzen Friedrichstraße untermauern dieses Bild.
Der Instandhaltungsrückstau in Höhe von über 10 Mio. Euro beim Forum Niederberg und demnächst eine bis zu zweijährige Schließung kommen hinzu. Dazu gesellt sich ein in Teilen nicht benötigtes Sportzentrum in der Röbbeck, noch immer ohne Fußballplatz. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Leider.
Eine unselige Rolle spielen bei diesem Niedergang die Wirtschaftsförderer der Stadt mit Wilfried Löbbert an der Spitze. Hier sitzen zu viele Leute, die mit ihren Aufgaben überfordert sind. Konsequenzen? Keine!
Und Freitag selbst? Rechtzeitig vor der Wahl hat er in 2013 in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ als oberster Aufseher der städtischen Betriebe und der Einfachheit halber ohne Beteiligung des Rates die Weichen für seine Zukunft gestellt und seinen Wechsel auf eine neu geschaffene, hoch dotierte Geschäftsführerstelle im städtischen Dunstkreis vorbereitet. Weg aus dem rauen, undankbaren politischen Tagesgeschäft in ruhigeres Fahrwasser.
Und der potenzielle Nachfolger von Stefan Freitag? CDU-Bürgermeisterkandidat Dirk Lukrafka, aus karrieretechnischen Gründen soeben aus Essen umgesiedelt, ist nicht die Lösung, eher Teil des Problems. Als Zögling des Noch-Bürgermeisters und „Verwaltungsgewächs“ verkörpert er die „Tugenden“ des Noch-Amtsinhabers und steht kaum für dringend erforderliche Veränderungen in der Stadtverwaltung. Ein neuer Verwaltungsbürgermeister eben!
Hans-Dieter Schneider